Die Tribute von Panem. Flammender Zorn

Autor: Suzanne Collins
Verlag: Oetinger
Umfang: 432 Seiten

Kurzinformation zum Buch

Möge das Gute siegen! Möge die Liebe siegen!
Das grandiose Finale! Katniss gegen das Kapitol!

Schwer verletzt wurde Katniss von den Rebellen befreit und in Distrikt 13 gebracht. Doch ihre einzige Sorge gilt Peeta, der dem Kapitol in die Hände gefallen ist. Die Regierung setzt alle daran, seinen Willen zu brechen, um ihn als Waffe gegen die Rebellen einsetzen zu können. Gale hingegen kämpft weiterhin an der Seite der Aufständischen, und das, zu Katniss' Schrecken, ohne Rücksicht auf Verluste. Als sie merkt, dass auch die Rebellen versuchen, sie für ihre Ziele zu missbrauchen, wird ihr klar, dass sie alle nur Figuren in einem perfiden Spiel sind. Es scheint ihr fast unmöglich, die zu schützen, die sie liebt …

Band 3 der grandiosen, vielfach ausgezeichneten und alle Bestsellerlisten stürmenden "Panem"-Trilogie - steigert die Spannung von Band 1 und 2 weiter! 

"Wird in einem Atemzug genannt werden mit William Goldings "Herr der Fliegen" oder Stephen Kings "The Stand – Das letzte Gefecht" (School Library Journal) 

"Verbindet die leidenschaftliche Gesellschaftskritik von '1984', die Exzesse von 'Uhrwerk Orange', die imaginative Kraft der 'Chroniken von Narnia' und den Einfallsreichtum von 'Harry Potter' " (The New York Times)

Leseprobe aus »Die Tribute von Panem. Flammender Zorn«

Die Asche

Ich stehe da und schaue zu, wie sich eine dünne Ascheschicht auf meine abgetragenen Lederschuhe legt. Hier war das Bett, das ich früher einmal mit meiner Schwester Prim geteilt habe. Da drüben stand der Küchentisch. Die Ziegel des Kamins, der eingestürzt ist und nun als verkohlter Haufen daliegt, dienen mir als Orientierung im Haus. Wie sollte ich mich sonst in dieser grauen Wüste zurechtfinden?
Von Distrikt 12 ist praktisch nichts mehr übrig. Vor einem Monat haben die Brandbomben des Kapitols die armseligen Häuser der Minenarbeiter im Saum ausradiert, die Geschäfte in der Stadt, selbst das Gerichtsgebäude. Nur das Dorf der Sieger blieb von der Vernichtung verschont. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht, damit es als Unterkunft für den einen oder anderen dient, der vom Kapitol hergeschickt wird. Ein einsamer TV-Reporter zum Beispiel. Oder eine Expertengruppe, die den Zustand der Kohleminen beurteilen soll. Ein Trupp Friedenswächter, der nach heimkehrenden Flüchtlingen sucht.
Doch niemand ist zurückgekommen, außer mir. Und das auch nur kurz. Die Regierenden von Distrikt 13 waren dagegen, dass ich noch mal herkomme. Sie sahen darin ein kostspieliges und sinnloses Wagnis, denn mindestens ein Dutzend unsichtbare Hovercrafts schwirren zu meinem Schutz über mir, und neue Erkenntnisse sind nicht zu erwarten. Aber ich musste es einfach sehen. So sehr, dass ich das zur Bedingung dafür gemacht habe, bei ihren Plänen mitzuwirken.
Schließlich gab Plutarch Heavensbee, der Oberste Spielmacher, der die Rebellenorganisation im Kapitol angeführt hat, sich geschlagen: „Lasst sie doch hinfahren. Lieber einen Tag verlieren als noch einen Monat. Vielleicht braucht sie die kleine Tour nach 12 einfach, um sich davon zu überzeugen, dass wir auf derselben Seite stehen.“
Dieselbe Seite. Ein stechender Schmerz durchzuckt meine linke Schläfe, ich presse die Hand dagegen. Es ist die Stelle, wo Johanna Mason mich mit der Drahtrolle getroffen hat. Die Erinnerungen verschwimmen, während ich versuche herauszufinden, was wahr ist und was falsch. Welche Abfolge von Ereignissen hat dazu geführt, dass ich hier in den Ruinen meiner Heimatstadt stehe? Keine leichte Frage, denn die Gehirnerschütterung klingt noch immer nach, und noch immer neigen meine Gedanken dazu, durcheinanderzugeraten. Und die Medikamente, die sie mir geben, um Schmerzen und Stimmung zu regulieren, führen manchmal dazu, dass ich Dinge sehe. Glaube ich wenigstens. So ganz bin ich immer noch nicht davon überzeugt, dass es eine Halluzination war, als sich der Boden der Krankenstation neulich nachts in einen Teppich aus sich windenden Schlangen verwandelte.
Ich wende die Technik an, die einer der Ärzte mir empfohlen hat. Ich fange mit den einfachen Dingen an, von denen ich weiß, dass sie wahr sind, und arbeite mich dann zu den komplizierten vor. In meinem Kopf gehe ich die Liste durch ...
Ich heiße Katniss Everdeen. Ich bin siebzehn Jahre alt. Meine Heimat ist Distrikt 12. Ich war in den Hungerspielen. Ich bin geflohen. Das Kapitol hasst mich. Peeta wurde gefangen genommen. Man geht davon aus, dass er tot ist. Höchstwahrscheinlich ist er tot. Es wäre für alle das Beste, wenn er tot ist ...
„Katniss. Soll ich zu dir runterkommen?“ Durch das Headset, auf dem die Rebellen bestanden haben, dringt Gales Stimme zu mir. Gale ist mein bester Freund. Er sitzt oben in einem Hovercraft und wacht über mich, bereit zum Sturzflug, falls irgendwas nicht stimmen sollte. Erst jetzt merke ich, dass ich auf dem Boden kauere, Ellbogen auf den Oberschenkeln, Kopf zwischen den Händen. Vielleicht sehe ich so aus, als ob ich gleich zusammenbreche. Aber das darf ich nicht. Nicht jetzt, da sie endlich die Medikamente absetzen wollen.
Ich richte mich auf. „Nein. Mir geht’s gut“, sage ich. Zur Bekräftigung kehre ich meinem alten Haus den Rücken zu und gehe in Richtung Stadt. Gale wollte zusammen mit mir in Distrikt 12 abgesetzt werden, aber als ich seine Gesellschaft ablehnte, hat er nicht weiter darauf bestanden. Er versteht, dass ich heute niemanden in meiner Nähe haben möchte. Nicht mal ihn. Manche Wege muss man allein gehen.
Der Sommer war glühend heiß und knochentrocken. Die Aschehaufen, die der Angriff hinterlassen hat, blieben nahezu unberührt von Regentropfen. Meine Schritte lassen sie einstürzen und an anderer Stelle wiedererstehen. Kein Windstoß zerstreut sie. Ich hefte den Blick fest auf die Straße, die in meiner Erinnerung hier einmal verlaufen ist. Vorhin, als ich auf der Weide gelandet bin, habe ich nicht aufgepasst und bin gegen einen Stein gestoßen. Nur dass es kein Stein war, sondern ein Totenschädel. Er kullerte davon und blieb mit dem Gesicht nach oben liegen, und lange konnte ich den Blick nicht von den Zähnen wenden, die ganze Zeit fragte ich mich, wem sie wohl mal gehört haben. Meine würden unter solchen Umständen wohl ganz ähnlich aussehen.
Aus Gewohnheit bleibe ich auf der Straße, aber das ist keine gute Idee, denn überall liegen Überreste der Menschen, die versucht haben zu fliehen. Einige wurden vollständig eingeäschert. Andere, die wahrscheinlich im Qualm erstickt sind, entkamen der schlimmsten Feuersbrunst und liegen nun in unterschiedlichen Stadien der Verwesung da und stinken vor sich hin, bedeckt mit Fliegen, Beute für die Aasfresser. Ich habe dich getötet, denke ich, während ich an den Haufen vorbeigehe. Und dich. Und dich … 

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